Die Sonne scheint auf mehr als 200 Stiel-, Kork- und portugiesische Eichen. Zufrieden blicken Schüler*innen und Lehrkräfte aus Bielefeld (Nordrheinwestfalen, Deutschland) und O Grove (Galicien, Spanien) auf das Areal, das die Comunidade de Monte de San Martin vom Eukalyptus befreit hatte und wo nun in zwei gemeinsamen Aktionen der Grundstock für ein Ökosystem mit heimischen Baumarten gelegt wurde. Diese Fläche ist nicht die Einzige, die während des zweiwöchigen, von Erasmus kofinanzierten Aufenthalts von Schüler*innen und Lehrkräften des Oberstufen-Kollegs Bielefeld und der IES Monte da Vila renaturiert wurde.
Ein von Noah Wessendorf erstelltes Video zum Projekt ist hier (click) zu finden.
Das Projekt hat zum Ziel Monokulturen wieder zu vielfältigen Waldökosystemen umzuwandeln. Dadurch werden die Schüler*innen für die Bedeutung von Bäumen als wichtige Elemente der Umwelt und Bestandteile des Waldes sensibilisiert. Die Arbeit hat aber auch Symbolcharakter für die aktive Sorge für die Natur. Diese ersten Pflanzungen des Oberstufen-Kollegs Bielefelds und der IES Monte da Vila setzen eine Kooperation im Wald mit langfristigen Zielen fort. Bäume – mehr als nur CO2-Fixierer und Ökosystembildner Doch nicht nur der biologische Aspekt der Wiederherstellung des Waldökosystems durch die Aufforstung beschäftigte die Schüler*innen der beiden Schulen.
Dass Bäume auch einen symbolischen Wert haben können, wurde den Teilnehmer*innen aus Bielefeld während ihrer Anreise eindrücklich deutlich: So besuchte die Projektgruppe die beiden von den Nationalsozialisten zerstörten Orte Oradour-sur-Glane (Frankreich) und Guernica (Spanien). In Gernika wurden beim Erproben von Taktiken zur Kriegsführung gegen die Zivilbevölkerung mindestens 1.000 Menschen ermordet und Hunderte verletzt. In Oradour fielen dem Massaker allein 643 namentlich bekannte Todesopfer bei 6 Überlebenden der Hinrichtungen zum Opfer. Zwei Eichen überlebten die Angriffe: die „Eiche von Guernica“ (Gernikako Abolo) und die „Eiche der Freiheit“ in Oradour, die beide für die Menschen ein Zeichen der Demokratie, der Hoffnung und Freiheit sind. Die Idee, mit der sich spanischen und deutschen Schüler*innen ebenfalls weiter beschäftigen, ist das Anlegen eines Symbolbaumweges in O Grove, an dem u.a. Setzlinge dieser beiden Eichen gepflanzt werden sollen. Auch Setzlinge des Ginkgos, der den Atombombenabwurf in Hiroshima überlebte, sowie der Rosskastanie, die Anne Frank aus dem Dachfenster des Hinterhauses, in dem sie sich vor den Nationalsozialisten versteckte, beobachtete, sollen gepflanzt werden.
Der Weg soll sowohl ein Denk- und Mahnmal sein als auch als Symbol der Hoffnung und Freiheit verstanden werden. Mit der Frage über eine angemessene Inszenierung dieser Symbolbäume kamen deutsche und spanische Schüler*innen und Lehrkräfte ins Gespräch und erarbeiteten erste Entwürfe für die Pflanzung der Rosskastanie von Anne Frank. Zunächst müssen sie aber noch das Einverständnis der zuständigen Gedenkstätten erbitten, bevor ein Anlegen realisierbar ist. Ausblick Aus diesem Grund beschäftigt sich ein folgendes Erasmus-Projekt des Oberstufen-Kollegs, an dem sich zusätzlich eine belgische Schule beteiligt, im Wintersemester 2024/25 weiter mit diesem Thema. Fazit Die gemeinsamen Gespräche, Arbeiten und Ideen machten allen Beteiligten deutlich, dass Bäume nicht nur notwendig für das Ökosystem des Waldes und somit unverzichtbar für den Erhalt unsere Umwelt sind, sondern dass Bäume auch Symbole und Orte des Mahnens, Hoffens und Erinnerns sein können. Durch das erfolgreiche und gelungene Projekt wurden nicht nur mehr als 800 Bäume gepflanzt, 2.000 Samen ausgesät und Ideen für die Inszenierung von Symbolbäumen gesammelt, sondern es wurde an einer internationaler Kooperation zweier Schulen gearbeitet, deren Austausch und Zusammenarbeit gerade angesichts der Konflikte und Probleme, die die Menschen weltweit, aber auch in Europa erleben umso wichtiger ist. Als Symbol für diese gemeinsame Arbeit steht nun auf dem Schulhof eine gepflanzte heimische Melojo-Eiche, unter der Steine mit den Namen aller Mitwirkenden liegen. Nicht nur die Eiche wird wachsen, sondern auch die Zahl der Mitwirkenden und mit ihnen das Projekt.
Auszüge aus: „Wälder, Bäume, Kultur und Freundschaft – ein Erasmus-Schulprojekt für Umwelt, Gemeinschaft und Zukunft in O’Grove“ Hannah-Marie Althoff, Oberstufen-Kolleg Bielefeld, 5.11.2024